Das BSG hat Entscheidungen zur Tätigkeit als Buchführungshelfer und zur Sozialversicherungspflicht des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Steuerberatungs-GmbH getroffen.
Tätigkeit als Buchführungshelfer keine selbständige Tätigkeit in einer Steuerberatungskanzlei; BSG-Urteil vom 27.04.2021d – Az B 12 KR 27/19 R
Das BSG hat in dem erst kürzlich (nach mehr als sechs Monaten) abgesetzten o. g. Urteil vom 27.04.2021 entschieden, dass der klagende Buchführungshelfer nicht als Freier Mitarbeiter, sondern als abhängig Beschäftigter in der Steuerberaterkanzlei tätig war.
Von besonderem Interesse sind die Ausführungen des BSG zu dem Verhältnis des berufsrechtlichen steuerberatungsrechtlichen Weisungsrechts und dem Begriff der „Weisungen“ im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV (siehe dazu Rdnr. 15). Gemäß Satz 2 sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach Auffassung des BSG zählt auch die berufsrechtliche Weisungsbefugnis zu den Weisungen im Sinne des Satzes 2. Diese berufsrechtliche Weisungsbefugnis ist im Rahmen der Gesamtabwägung im Einzelfall zu berücksichtigen, denn hierbei sind solche Umstände zu berücksichtigen, die einer Tätigkeit nach immanent, durch gesetzliche Vorschriften vorgegeben oder in der Natur der Sache liegen.
Das BSG führt weiter aus, dass der Kläger auch in die Arbeitsorganisation eingebunden war. So war der Kläger durch den Freien Mitarbeitervertrag lediglich im Wege einer Unterbeauftragung tätig. In die Abrechnungsstruktur der Kanzlei war der Kläger laut BSG durch die prozentuale Beteiligung an den in Rechnung gestellten Gebühren für Steuerberater eingebunden. Der Kläger konnte nicht konkret aufwandsbezogen gegenüber der Klägerin, z. B. nach Stunden, abrechnen. Das BSG trägt auch der modernen Arbeitswelt in diesem Urteil Rechnung. So spricht die Freiheit bei Ort und Zeit der Tätigkeit nicht zwingend für Selbstständigkeit. Auch die übrigen Ausführungen des BSG lassen in der Praxis – wenn überhaupt – nur einen äußerst geringen Spielraum für die Einordnung von Buchführungshelfern als Freie Mitarbeiter zu.
Aus einem vorinstanzlichen Urteil des Hessischen Landessozialgerichts (Az: L 8 KR 227/15 vom 20.09.2018, besprochen in der DStR 2020, S. 762 ff.) lassen sich weitere Hinweise zu der konkreten Ausgestaltung dieser ursprünglich als Freien Mitarbeiter geplanten Tätigkeit entnehmen.
Sollten Kanzleien in der Zukunft mit Buchführungshelfern Freie-Mitarbeiter-Verträge schließen wollen, sollte aufgrund des Haftungsrisikos für die Sozialversicherungsbeiträge für die Kanzlei stets vor Aufnahme der Tätigkeit ein Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle beantragt werden. Auch bestehende Vertragsverhältnisse sollten noch einmal überprüft werden.
Das Urteil ist in der DStR in Kürze zur Besprechung vorgesehen.
Sozialversicherungspflicht des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Steuerberatungs-GmbH; BSG Urteil vom 07.07.2020 – Az B 12 R 17/18 R – DStR 2021 (S. 311)
Das BSG weist in seinem Urteil zur Freien Mitarbeit auf das bereits im Juli 2020 erlassene Urteil des BSG zur Sozialversicherungspflicht eines GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers in einer Steuerberatungsgesellschaft hin: Das BSG hatte im Juli 2020 per Urteil entschieden, dass für einen Steuerberater als Gesellschafter-Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft die gleichen Maßstäbe gelten wie für alle anderen Gesellschafter-Geschäftsführer auch (siehe auch die Besprechung in der DStR 2021, S. 311 ff.). Für die Statusbeurteilung ist die Zuordnung des Steuerberaters zu den Freien Berufen nicht erheblich (siehe dazu Ausführungen des BSG unter Rdnr. 32 ff.). Das BSG führt aus, dass die für GmbH-Geschäftsführer geltenden Maßstäbe nicht berufsrechtlich überlagert werden.
Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit erfolgt nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder. Es ist daher möglich, dass ein und derselbe Beruf – je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis – entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird. Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts.
Ein Beschäftigungsverhältnis ist seit der Rechtsprechung des BSG aus dem Jahr 2012 und 2015 unter Aufgabe der so genannten „Kopf und Seele Rechtsprechung“ nur dann ausgeschlossen, wenn der Geschäftsführer nach dem Gesellschaftsvertrag mindestens 50 % der Anteile oder aufgrund einer umfassenden Sperrminorität ihm nicht genehme Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verhindern kann (siehe dazu Rdnr. 18 ff.). Eine notarielle Poolvereinbarung mit einem weiteren Gesellschafter verschafft einem Minderheitsgesellschafter nicht die erforderliche Rechtsmacht (siehe dazu auch Rdnr. 21 ff.).